Die Tradition der botanischen Erforschung des Landkreises Karlsruhe

Der Landkreis Karlsruhe ist schon seit Anfang des 19. Jahrhunderts botanisch gründlich erforscht. Die erste Flora (Flora Badensis, Alsatica ...) wurde bereits 1805 bis 1826 von Christian GMELIN geschrieben! Sowohl Karlsruhe als auch Freiburg hatten eine lange Tradition der "Naturalienkabinette", der Vorläufer der heutigen Naturkundemuseen. Speziell die Karlsruher Fürsten und der Großherzog von Baden förderten diese Museen nach Kräften.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts formierten sich dann ganze Zirkel von interessierten Privatleuten, Insektensammlern und Botanikern, die man als erste Vorläufer der heutigen Naturschutzbewegung betrachten kann. An vorderste Stelle trat in Karlsruhe Andreas KNEUCKER, der 1886 mit seiner Flora von Karlsruhe die zweite umfassende Bearbeitung der Region schrieb. Kneucker war allerdings noch stark auf Karlsruhe-Stadt und die wenigen, damals mit dem Zug leicht erreichbaren Biotope im Umland beschränkt. In der Folge erschienen bis immerhin 1935 (also über 50 Jahre!) durch Kneucker selber und zahlreiche andere Autoren seines Karlsruher Kreises viele ergänzende Veröffentlichungen, so daß man um 1920 das Gebiet als botanisch gut bekannt bezeichnen konnte. Um diese Zeit gab es auch erste Zeichen eines organisierten Naturschutzes mit dem Ziel, besonders wertvolle Flächen zu schützen. Außerdem kamen in den 1930er und 1940er Jahren Untersuchungen über die reichhaltige Adventivflora der Güterbahnhöfe und Häfen dazu, unter anderem von Friedrich JAUCH.

Der Pionier der Vegetationskunde in Baden-Württemberg, Erich OBERDORFER, lebte in den 1930er Jahren als Referendar in Bruchsal und schrieb in dieser Zeit die erste eine detaillierte, großflächige Vegetationskarte enthaltende Arbeit über das Meßtischblatt 6817 (Bruchsal). Darin befindet sich eine Fülle von wertvolle Funddaten, die einen historischen Blick auf die unwiederbringlichen Zustände vor dem 2. Weltkrieg erlauben.

Bis in die 1980er Jahre folgte eine Zeit, in der der Naturschutzgedanke gegenüber der wirtschaftlichen Entwicklung weitgehend zurückstehen mußte. Flurbereinigung, Flächenverbrauch durch Ausbreitung der Siedlungen, Trockenlegung der Sümpfe und Moore sowie Intensivierung der Land- und Forstwirtschaft mit dem Ziel der Produktivitätssteigerung machten zahllosen Arten und riesigen Biotopflächen (vor allem den Wiesen) den Garaus. Entsprechend gibt es von 1945 bis 1960 nur relativ wenige systematische Erforschungen.

Erst Georg PHILIPPI und Adam HÖLZER fingen mit einer Serie von Publikationen ab ca. 1960 wieder an, das Wissen über die Botanik der Region aufzufrischen. Philippi führte dabei die von Oberdorfer in der Region begonnene Vegetationskunde in großem Stil in die Literatur über die Region ein und gab eine Reihe von Monographien über die speziellen Vegetationseinheiten heraus.

Ein völlig neuer Aspekt kam mit der Gründung der "modernen" Naturschutzverbände ab Ende der 1970er Jahre dazu. Daten über Flora und Fauna wurden zur notwendigen Argumentationsgrundlage im Kampf um den Erhalt und die Pflege der wenigen verbliebenen Biotope.

Die "Botanische Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutschland" und eine ganze Gruppe von Botanikern einer neuen Generation sammelten eine Fülle von neuen Daten. Besonders aktiv waren (unter vielen anderen) Matthias AHRENS, Thomas BREUNIG, Bernd HAISCH (†), Anke HENZ, Andreas KLEINSTEUBER, Johannes NIEDERSTRASSER, Annemarie RADKOWITSCH, Erwin RENNWALD, Johannes SCHACH, Thomas SEMMELMANN, Peter THOMAS oder Reinhold TREIBER. Dazu kamen ab Mitte der 1980er Jahre als neuartige Datengrundlage zahlreiche Gutachten, die bei Planungsvorhaben aufgrund der Natur- und Umweltschutzauflagen notwendig wurden. Leider sind nicht alle Daten daraus zugänglich, erschwert durch unnötige Restriktionen bei den Naturschutzbehörden.